Machtbasierte Informationsintransparenz

Wer ist für Information (und deren Verteilung) zuständig?

Die Möglichkeit zu Entscheiden ist in einem tayloristischen Weltbild mit Informationshoheit verbunden. Was sich daraus in den letzten 120 Jahren entwickelte ist die die Formel „Macht durch Informationsintransparenz“. Basierend auf dem heute allzu oft zu findenden Widerspruch: „Übernimm Verantwortung, aber die dafür entscheidenden Information können wir leider nicht geben.“ hat sich ein generelle Haltung etabliert, welche nur sehr ungern Information frei zur Verfügung stellt.

Folge ist, dass lediglich ein selektiv kleiner Kreis an Personen in der Lage scheint, Entscheidungen zu treffen.

Erklärt wird diese Informationshoheit mit unterstellt besseren Fähigkeiten (i.e. bessere Ausbildung, Missbrauchsverhinderung) eines elitären Kreises.
Mit der pauschalen Unterstellung von Unfähigkeit und potentiellem Missbrauch hat sich ein negatives Menschenbild eingeschliffen, das zum einen kollektiv alle Menschen in eine „Fähigkeitenfalle“ stellt („Je besser du ausgebildet bist, desto eher kommst du voran“ oder: „Nur wer sehr gut ausgebildet ist, kann entscheiden“), und zum anderen jene Kräfte unterbindet, die zu Flexibilität, Innovationskraft und Engagement führen.
Dabei wird zudem übersehen, dass Probleme dynamisch und komplex sind (und heute mehr und mehr werden). Die Annahme, dass auf (irgend-) einer Hierarchiestufe jene Fähigkeiten gegeben sind um komplexe Herausforderungen zu lösen, hat sich gerade durch die Entfernung von den Problemen negiert (=je höher in der Hierarchie, desto entfernter von der Komplexität).
Je „höher“, desto formalisierter und statischer werden Verhaltensmuster. Diese Muster sind jedoch nicht geeignet um auf Komplexität zu reagieren.
Es hat sich in Folge eine Kaste von „Wissenden“ etabliert, welche letztlich nicht mehr direkt zur Wertschöpfung beitragen, sondern deren Beschäftigung sich wesentlich um interne Referenzen drehen: das „mittlere Management“. Diese hierarchische Position wird durch Privilegien wie hohe Gehälter und Autos, etc., schmackhaft gemacht – und damit sind sie auch besonders erhaltenswert für jene, die in diese Stufen gelangt sind. Es gilt, die Privilegien zu wahren.
Was wäre, wenn die Informationen allen zur Verfügung stünden und „alle“ ebenso gut Entscheidungen treffen könnten? Das würde die Positionen innerhalb intransparenzbasierter Hierarchien gefährden.

Push – Haltung
(=Ich erwarte, das Information zu mir „ge-pusht“ wird)

Dadurch hat sich die Haltung etabliert, dass Information (da sie einer Verteilungshoheit unterliegt) von „höher Gestellten“ zu Verfügung gestellt wird, geliefert werden muss.
Allenthalben wird daher davon ausgegangen, dass man sich zurücklehnen und warten kann, bis eine (zuvor meiner „Unfähigkeit gemäß“ selektierte) Information eintrifft. „Ich habe das nicht erhalten“; „Die haben mich nicht informiert“; „Man hat uns das nicht mitgeteilt“; „Das wusste ich nicht, daher konnte ich nicht richtig entscheiden. Da habe ich es lieber gelassen“. Die Push – Haltung ist ein bequemes Ruhekissen um individueller Verantwortung auszuweichen.
Sehr häufig scheitern interne Kommunikationsstrategien daran, dass Offenheit gar nicht gefördert wird (werden soll, s.o.). Relevante Informationen sichern den Hierarchiestatus ab – dieses Wissen zu verteilen ist deswegen nicht opportun.

Machtbasierte Informationsintransparenz

Machtbasierte Informationsintransparenz hat, wie jede Haltung, zwei Schneiden: einerseits erhält sie die hierarchische Position der Informationshalter (=Macht, Privilegien, Herrschaft = gut für wenige) – andererseits aber flutet sie Entscheidungsbedürfnis zurück. Wenn Entscheidungen nur mit bestimmten Informationen getroffen werden können, so können diese Entscheidungen nur von „relevant informierten Personen“ getroffen werden.
Also flutet Entscheidungsbedarf von „unten“ die Hierarchie hinauf.
Da aber jede „darüber“ stehende Hierarchiestufe „mehr Wissen“ als man selber hat, kann keine Stufe wirklich sicher sein, dass das relevante Wissen vorliegt um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Folge: jede Stufe sendet Entscheidungen den Hierarchiebaum hinauf. Was zu einem Entscheidungskollaps führt: immer weniger Menschen müssen immer mehr Entscheidungen treffen. Das System kommt zum Stillstand.

Managementtheorien und Kommunikationsstrategien sollen diesen gefährlichen Zustand auflösen und die Entscheidungsbeweglichkeit erhalten. Da aber nur jene Methoden (unbewusst oder bewusst) etabliert werden, die den ursächlichen Machterhalt der Hierarchie eben nicht gefährden, werden lediglich noch mehr Entscheidungsverzweigungen aufgebaut – mehr Bürokratie, welche letztlich nur weiter bremst.

Den gordischen Knoten zerschneiden

Wenn man wirksame Entscheidungen flexibel, fundiert, zuverlässig und schnell treffen möchte, müssen diese dort getroffen werden, wo Fähigkeiten für genau diese Form von Entscheidung vorliegen. „Können“ ist kein notwendiges Element der Hierarchie – Hierarchie kann nur durch Formalisierung überleben. Können findet sich bei jenen Personen, die durch hinreichend lange Übung in der Bewältigung von Komplexität gelernt und eine Lösungsintuition entwickelt haben. Das kann nicht durch schlichte Wissensanhäufung erreicht werden, lediglich Entscheidungswille und Intuition erzeugen, durch Erfolg und Scheitern, jenes „Können“. Dadurch wird „Wissen“ nicht deklassiert, sondern lediglich als Bestandteil einer Entscheidung eingeordnet. Wissen allein reicht nicht für Problemlösung aus. Können allein aber auch nicht.

Informationshoheit auflösen: wo Wissen für Entscheidungen nötig ist, soll diese bereitstehen.

Auch wenn nicht jede Information eines Unternehmens (einer Struktur) freigestellt werden darf (gesetzliche Vorgaben / Datenschutz), so sollte der Schutzbedarf als Strukturreflex kritisch geprüft werden. Im Zweifel sollte gelten: eher offenlegen, als verdecken.

Entscheidungshoheit auflösen: wo Können mit Wissen gepaart ist, soll die Entscheidung getroffen werden.

KönnerInnen sind in allen Unternehmen und Strukturen bekannt – sie agieren und entscheiden auf einer Hinterbühne und unterlaufen übliche Prozess- und Strukturvorgaben. Da sie überaus effizient wirken (durch die Umgehung von Vorschriften) werden sie quasi geduldet. Können gibt es in allen Bereichen eines Unternehmens, es gibt somit für alle Bereiche auch jene KönnerInnen, die bei komplexen Anforderungen angefragt werden um schnelle und erwartet gute Entscheidungen treffen. Wenn man der Hinterbühne erlaubt, Teil der Vorderbühne zu werden, lernt das Ganze und man öffnet sich einem ohnehin ständig gegeben Veränderungsprozess.

Anhang
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www.wandelwerk.org

Mein Ziel: Unternehmen zu mehr Wertschöpfung zu bringen und dabei Menschen zu sinnhafter und nachhaltiger Arbeit verhelfen.

Die Anzeichen einer sich zunehmend schneller verändernden Arbeitswelt beschäftigt viele Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Es wird deutlich, dass unsere Strukturen und Werte dringend auf den Prüfstand müssen – Konzepte, welche vor 120 Jahren unter gänzlich anderen Marktbedingungen hervorragend wirkten, sind heute nicht mehr reaktionsfähig. Auch wenn der Begriff „agil“ in den letzten Jahren überstrapaziert wurde, es bleibt die Frage wie Unternehmen mit den veränderten Anforderungen weiterhin wertschöpfend agieren können. Dabei beschäftigt sich „New Work“ nicht nur mit einer Vielzahl wesentlicher Ansätze und Gedanken, sondern auch mit konkreten Beispielen und Hilfestellungen.

 

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