Work – Life – Balance? Umsatzschädigend!

Seit vielen Jahren hat der Begriff Work – Life – Balance HR – Abteilungen mit der Fragestellung beschäftigt, wie überlastete Mitarbeiter ein gesundes nebeneinander von Arbeit und Privat erzielen könnten. Um so „gefasster“ mit der Arbeitslast umzugehen. Im Kern schadet man damit beiden: Dem Unternehmen und den Mitarbeitern.

Die grundlegende These ist, das beide Bereiche das Leben in Summe ausmachen und daher mit diesen Anteilen klug umgegangen werden muss. Menschen, deren Privatleben aufgrund zu hoher Arbeitslast zerbricht, werden, verständlicherweise, dieses Versagen emotional auch an den Arbeitsplatz mitbringen und somit weniger effizient sein.
Und weniger effizient, weniger „Lean“ zu sein, ist nicht gut fürs Geschäft.

Menschliche Ressource

Es ist möglicherweise bezeichnend, das in dieser Haltung eine tiefe Verachtung dem Menschen gegenüber zum Ausdruck kommt (wobei der Begriff Human Ressources dazu schön beiträgt). Was ist billiger? Einen guten und eingearbeiteten Menschen der gerade etwas „kaputt“ ist zu „reparieren“, oder einen neuen suchen und aufbauen?

Die Bemäntelung als humane Hilfeleistung durch ein besorgtes Unternehmen ist dabei zynisch. Denn die wesentliche Frage, warum ein Mensch in seiner Arbeit in Überlastung kommt, also wodurch dieses „zerbrechen“ befördert wird, bleibt im Schatten verborgen.
Anzuschauen, ob die Arbeitsbedingungen und das tayloristisch – mechanistische Menschenbild die Grundlage für ein Scheitern sein könnte bedeutet, ein hohes Maß an Selbstreflektion auf allen Ebenen des Unternehmens zuzulassen.

Einfacher, dem Einzelnen Versagen zuzugestehen

Bevor man sich der Frage stellt, warum Mitarbeiter mit den Arbeitsbedingungen eventuell nicht zurecht kommen, schiebt man die Verantwortung dann lieber dem Mitarbeiter zu. Und bezahlt großherzig Coaches, die diesem Menschen dabei helfen sollen die Trennung von Arbeit und Privatem besser auszutarieren. Damit ist das „Versagen“ ein Problem des Mitarbeiters, und nicht des Unternehmens.
Diese Grundhaltung wird schon im Begriff (wie bei Human Ressources) spürbar. Mit „Balance“ hat jeder automatisch eine Wippe, oder Pendelwaage im Sinn, mithin einer Trennung zwischen zwei Seiten. (Vrgl.: Gerald Hüther, „Ewas mehr Hirn, bitte.„)

Die Trennung von Arbeit und Leben

Mit „Work – Life – Balance“ bekommen wir suggeriert, dass es zwei Welten gibt in denen sich ein Mensch aufhält, auch emotional. Diese Haltung entspricht dem tradierten Menschenbild, welches aus den Managementgedanken F.W. Talyors im vergangenen Jahrhundert entstanden ist. Zudem werden wir unser ganzes Leben dahingehend sozialisiert: Arbeit hier, Leben dort.

Das schon lange wissenschaftlich nachgewiesen ist, das dies nicht so sein kann, ist in den meisten Unternehmen noch nicht angekommen. (Vgl. auch: Daniel Pink, „Drive: The Surprising Truth About What Motivates Us).

Work – Life – Blending

Wesentlich treffender ist aus meiner Sicht der Begriff Work – Life – Blending (Engl.: blending; vermischen). Wenn eine Trennung gar nicht wirklich möglich ist, kann die einzige Alternative nur darin bestehen, zu verbinden.
Zu verbinden was eigentlich nicht getrennt war heißt aber auch, die Verantwortung für das Gelingen auf beiden Seiten anzuerkennen und die Frage zuzulassen, ob die Art und Weise wie wir heute arbeiten, überhaupt sinnvoll ist.

Das ist kein einfacher Weg, er ist es aber wert gegangen zu werden. New Work ist als Überbegriff für diese veränderte Haltung aktuell überaus präsent (wenngleich in seinem Kern zumeinst nicht durchdrungen) und bietet eine Vielzahl von Optionen um einen wirklichen Wandel im Unternehmen zu unterstützen. Letztlich ist dies ein (Unternehmens-) individueller Prozess und kann auch nicht als „best practice“, oder Methode pauschal durchgezogen werden.

Wer diesen Weg beschreitet, kann mit vielen positiven Effekten rechnen: Zufriedenheit, Innovationskraft, Wir – Gefühl und wachsende Kundenbindung führen zu stabilen und steigenden Erträgen. Und das in einer zunehmend herausfordernden Zeit.

Das ist es doch wert? (neben einer Vielzahl weiterer, sehr guter Gründe)

(Danke für das spannende Gespräch, Max.)

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