7 Wochen – 6 Kilo. Von Motivation und Vorbildern

Am 1. Oktober 2018 habe ich gestartet mit dem Ziel, zehn Kilo abzunehmen. Und heute, nach sieben Wochen, sind es schon sechs Kilo.

Dabei mache ich keine Diät, ich „darbe“ nicht und esse mich satt. Ich habe vier wesentliche Änderungen für meinen Tag vorgenommen: kein Alkohol, eine Stunde stramm marschieren, keine Wurst (eigentlich auch kein Fleisch), keine Süßigkeiten. Mit im Programm sind fünfzehn bis zwanzig Minuten Meditieren, aber das habe ich auch schon vorher getan.

Ich bin noch im (stolzen) „Zählmodus“, ich zähle die Tage und klopfe mir selber auf die Schultern. Heute, am 18.11.18, ist Tag 49 erreicht, das Ende der siebten Woche.

Als ich vor etwa sechs Jahren mit dem Rauchen aufhörte (zwanzig bis fünfundzwanzig Selbstgedrehte ohne Filter täglich) ging es wie jetzt am 1. Oktober. Jeder sagte mir ich solle aufhören zu Rauchen (zu Trinken). Mehr Sport machen. Mich gesünder ernähren. Nichts davon hat mich wirklich zu einer Verhaltensänderung gebracht. Fakt ist, dass ich bei all den Ermahnungen weiter rauchte, ebenso wenig Sport trieb, mein Bier nebst einem Ramazotti (mit Eis und Zitrone) am Abend genoss.

Und dann, von einem Tag auf den anderen, ein Stopp. Gar nicht geplant, oder mit großem Pauken angekündigt. Ich habe mein Verhalten geändert ohne einen Verlust zu spüren.

Woher kommt Motivation

Weder im Bezug auf Rauchen, noch bei den aktuellen Veränderungen, verspüre ich einen Drang zum „zurück“ – vielmehr fühlt es sich richtig an wie es ist, selbstverständlich. Das finde ich bemerkenswert: warum jetzt. Warum (weil ja so offensichtlich sinnvoll) nicht schon früher? Was ermöglicht es, einem Verhalten, welches sehr etabliert und täglich geübt (und als nicht änderbar angesehen) ist, so vollständig und unvermittelt die Grundlage zu entziehen?

Mir ist schon lange vor Augen gewesen, dass Rauchen tödlich wirkt, zu viel Alkohol die Lebensspanne verkürzt, wenig Sport zu Problemen beim Älterwerden führen kann. Das wusste ich schon lange. Dieses „Wissen“ hatte aber keine direkte Auswirkung auf mein Handeln, was gemeinhin als irrational bezeichnet werden kann. Wenn es das gehabt hätte, hätte ich sicher nicht mit dem Rauchen angefangen. Es muss also etwas anderes gewesen sein.

In meinem Verständnis hat es in mir „gegärt“. Etwas ist in mir gewachsen und hat dann, mit einem gewissen Reifegrad, zu einem Wandel geführt. Ich kann heute nicht wirklich formulieren, was für Zutaten für diesen Gärungsprozess notwendig waren – dass es funktioniert, kann ich aber sehen. Die Motivation kam somit von innen, war intrinsisch. Kein äußerer Anreiz hatte diese Veränderung so substanziell hervorgerufen.

Was, wenn diese Reife schneller erreicht würde

Rationale Prämissen für einen Wandel von Verhalten sind zumeist bekannt, es gibt oft sehr gute Gründe für eine Veränderung – aber sie wird nicht umgesetzt. Offenbar fehlt der Reifegrad um den Wandel zuzulassen. Die Frage, was den Reifepunkt schneller herbeiführen kann, ist somit wesentlich – wäre es doch gut gewesen, hätte ich meine Veränderungen schon früher in die Tat umgesetzt.

Was für einzelne Menschen gilt, gilt auch für die Systeme in denen sich Menschen verbinden und interagieren, somit auch für Unternehmen (über die Interaktion von Systemen wird viel geschrieben und gesprochen, interessanterweise gelten jene Theorien meist sowohl für Individuen, als auch für Strukturen). Und offensichtlich haben Individuen und Unternehmen sehr viele Reaktionsmuster gemeinsam. Unter anderem auch jene Trägheit welche sich (durchaus oft sinnvoll) gegen eine Veränderung stellt. Nicht alle Reize die auf Unternehmen einwirken, machen eine sofortige Änderung notwendig. Allerdings neigen viele Unternehmen dazu jenen Schutz überwertig zu leben und somit tatsächlich sinnvolle Veränderungen automatisch und dauerhaft abzuwehren.

In meinem persönlichen Bild, etwa beim Rauchen, war es ebenso: viele externe Reize (warum es besser ist mit dem Rauchen aufzuhören) die ich hartnäckig ignorierte. Zum Glück nicht bis zu einem Zusammenbruch – aber doch eigentlich unsinnig lange.

Könnte man den Reifeprozess zumindest beschleunigen (dazu muss man diesen zulassen), so wäre ein Unternehmen deutlich flexibler in seiner Reaktion auf sinnvolle äußere Anreize.

Veränderung muss intrinsisch getragen sein, um zu wirken

Veränderungsdrang bedarf eines gewissen Reifungsprozesses – dann aber darf die Wandlung, nach der Reife, nicht behindert werden. Nicht jeder Reiz führt zu einem solchen Prozess, es gibt aber spürbare Strömungen, die ein Unternehmen nicht ignorieren sollte. Diese nicht zuzulassen untergräbt die Haltung jener Menschen, die sich am gemeinsamen Ziel beteiligen (den Mitarbeitern). Wenn eine Reifung erfolgen, und diese zu einer intrinsisch motivierten Verhaltensänderungen führen soll (und man diesen Prozess beschleunigen möchte), dann kann dies nur über überzeugende Vorbilder gelingen. Über jene Mitarbeiter, welche die Reife für einen Wandel schon in sich tragen.

Für ein Unternehmen gilt daher, jene Menschen zu identifizieren und ihnen zuzuhören – diese sind den Weg schon gegangen und können anderen als Vorbild dienen. Es gilt, diesen Menschen Raum zu geben um so vor, und für, Andere zu wirken. Das setzt voraus, dass man sich nicht mehr an starre Strukturen klammert, an etablierte Hierarchiesysteme, welche vermeintlich Wissen oder Können betonieren.

Wissen genügt nicht – Vorbild und Haltung müssen vorgelebt sein

Wissen allein genügt nicht, um Veränderungen nachhaltig und umfassend zu tragen – es benötigt viel mehr einen Reifegrad an Notwendigkeit, welcher zu intrinsischer Motivation und damit zur grundlegenden Änderung führt. Mit Wissen kann man Maschinen bauen – aber keine Systeme führen, in denen Menschen agieren. Diesen Prozess zuzulassen und zu pflegen, ist eine wesentliche Fähigkeit von agilen Unternehmen.

Anhang

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Die Anzeichen einer sich zunehmend schneller verändernden Arbeitswelt beschäftigt viele Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Es wird deutlich, dass unsere Strukturen und Werte dringend auf den Prüfstand müssen – Konzepte, welche vor 120 Jahren unter gänzlich anderen Marktbedingungen hervorragend wirkten, sind heute nicht mehr reaktionsfähig. Auch wenn der Begriff „agil“ in den letzten Jahren überstrapaziert wurde, es bleibt die Frage wie Unternehmen mit den veränderten Anforderungen weiterhin wertschöpfend agieren können. Dabei beschäftigt sich „New Work“ nicht nur mit einer Vielzahl wesentlicher Ansätze und Gedanken, sondern auch mit konkreten Beispielen und Hilfestellungen.

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