Digitale Möbel

Dass Ikea sich von seinen Großmärkten verabschieden möchte, hat mich wie ein Schlag getroffen: was wird aus den langen, klar geführten Märschen durch das lokale IKEA, was aus Köttbullar und weichen Hot Dogs?

Der Onlineverkauf solle in kürzester Zeit um 25% erhöht werden, dafür investiere IKEA 400 Millionen Euro in das Thema Logistik. Kleinere Märkte als Repräsentanten sollen nicht mehr auf der „grüne Wiese“, sondern in den Städten platziert werden, die großen Häuser mit der Zeit verschwinden.

Ob meine drei Billy – Regale dann von Monsterdronen geliefert werden, auf die Lösung darf man gespannt sein. Was mit den Arbeitsplätzen geschieht, scheint aber klar – sie werden wegfallen. Dieser Wandel ist für mich, der mit IKEA aufgewachsen ist, bemerkenswert und erneut ein deutlicher Fingerzeig auf das Thema Digitalisierung. Zeitgleich passt es zu der Meldung, dass Siemens 20.000 Stellen streichen will – da kommt keine Arbeit nach, diese Arbeitsplätze sind weg.

Die neue Währung sind Daten

Wer Waren produziert, agiert mit hohem Aufwand, benötigt Menschen, Raum und Maschinen, ist mit langfristigen Investitionen gebunden, hat hohe Grenzkosten. Die neue Währung sind Daten. Längst haben die Datensammel-Unternehmen in ihrem Firmenwert jenen der großen produzierenden Firmen überholt. Spätestens seit WhatsApp, ein Unternehmen mit nur zwanzig Mitarbeitern, nach fünf Jahren am Markt im Jahre 2014 für 19 Milliarden Dollar gekauft wurde, war die Wende zur digitalen Marktmacht nicht mehr zu leugnen.

Die Industrie feiert heute Themen wie IoT, weil es hier weniger um haptische Produkte, sondern um Daten geht: weg mit umständlicher Hardware, her mit Daten über Menschen. Daten sind die neue Währung, welche die Zukunft der Menschheit formt. Sprachassistenten dringen in die Schlafzimmer ein, um noch mehr über die potentielle Käuferschicht zu erfahren.

Die großen digitalen Unternehmen verwenden die Daten über ihre Nutzer, um mit automatisiertem Profiling Waren jeder Art gezielter an den passenden Abnehmer zu bringen, also Käufer für produzierte Waren zu identifizieren. Denn, wie man allenthalben hört: der Markt wird schwieriger, man muss seine Kunden effektiver identifizieren.

Weniger Arbeit – Mehr Produkte

„Wenn man das [die Arbeitslosenquote] richtig berechnen würde, […], dann hätten wir eine Arbeitslosenquote von etwa zehn Prozent in Deutschland.“
Prof. Heinz-Josef Bontrup, 01/2018 (Artikel hier)

Um weiter hohe Gewinnspannen und Wachstumsziele erfüllen zu können, müssen

– effizienter Käufer gefunden,
– Produktions- und Arbeitsplatzkosten reduziert werden.

Diese Reaktionenmuster sind gut etabliert und oft geübt und folgen dem offenbar unabänderlichen Ziel nach stetigem, unbedingtem Wirtschaftswachstum. Aber ist dieses Ziel überhaupt noch zeitgemäß? Ist die Form der Arbeit, wie sie seit mehr als 120 Jahren gelebt wird, den globalen Herausforderungen und der Digitalisierung gewachsen? Längst gibt es daran reichlich Zweifel – ständiges Wachstum auf Kosten von Arbeitsplätzen kann schlicht nicht (mehr) funktionieren.

Ein tiefgreifender Wandel ist notwendig

Um von dem Zug abzuspringen, welcher scheinbar unbeirrbar in den Abgrund rast, bedarf es einer grundsätzlich veränderten Arbeitsethik. Es benötigt Offenheit und Mut zu umfassendem Umdenken von Seiten der Unternehmenslenker und der Politik.

Hilfe bietet hier die Denkrichtung „New Work„, wie sie im Ursprung von Frithjof Bergmann angedacht wurde. Leider aber pressen viele fähige Beratungsunternehmen, da sie die Tragweite des notwendig tiefgreifenden Wandels nur schwer vermitteln können, „New Work“ in Methoden und reduzieren das tatsächlich Notwendige auf „verkaufbare“ Häppchen – man muss ja von irgendetwas leben. Mehr vom Alten schafft aber nichts Neues oder wie Albert Einstein sagte: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.

Bei all den Änderungen, welche für die Arbeit im Einzelnen wichtig sind, es muss auch eine neue, gesellschaftlich verantwortungsbewusste Unternehmensführung entstehen, welche über das egozentrische Ziel der Gewinnmaximierung hinaus geht und so ermöglicht, Arbeit wieder mit Inhalt und Wert zu füllen. Auch – und gerade mit – der Digitalisierung. Ein Unternehmen in dem Menschen arbeiten, ist Teil der Gesellschaft und darf sich nicht außerhalb derselben stellen.

Dieser Wandeln erfolgt von oben nach unten. Das geht über ein Umdenken der Führungsverantwortlichen. Ist dieser erste Schritt getan, so ermöglicht dies die vielen weiteren Wandlungen in den Ebenen eines Unternehmens. Hin zu einer Arbeitsethik, welche auch für die Menschen wirkt, nicht ausschließlich für die Unternehmensgewinne.

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Die Anzeichen einer sich zunehmend schneller verändernden Arbeitswelt beschäftigt viele Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Es wird deutlich, dass unsere Strukturen und Werte dringend auf den Prüfstand müssen – Konzepte, welche vor 120 Jahren unter gänzlich anderen Marktbedingungen hervorragend wirkten, sind heute nicht mehr reaktionsfähig. Auch wenn der Begriff „agil“ in den letzten fünf Jahren überstrapaziert wurde, es bleibt die Frage wie Unternehmen mit den veränderten Anforderungen weiterhin wertschöpfend agieren können. Dabei beschäftigt sich „New Work“ nicht nur mit einer Vielzahl wesentlicher Ansätze und Gedanken, sondern auch mit konkreten Beispielen und Hilfestellungen.

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